Gestische oder Experimentelle Fotografie
Gestisch….? Gesten? Was hat das mit Fotografie zu tun?
Also – gemeint sind die „Gesten“, die der Duden als „spontane oder bewusst eingesetzte Bewegung des Körpers, besonders der Hände und des Kopfes, die jemandes Worte begleitet oder ersetzt [und eine bestimmte innere Haltung ausdrückt]“, definiert.
Vermutlich hat jeder Fotograf schon einmal „gestisch“ fotografiert. Zahlreiche Bilder von mir könnten hier Platz finden, weil sie aufgrund einer unbedachten Bewegung mehr oder weniger verwackelt sind. Das ist aber hier nicht gemeint.
In Deutschland hat Heinz Teufel die „Gestische Fotografie“ als eigenständigen Begriff stark geprägt. Er wollte mit seinen Bildern sein Denken und seine Wahrnehmung verbinden. Das Ergebnis war bei ihm die Kombination von scharfen Fotos mit der unscharfen Komponente die durch eine Bewegung entsteht.
Im englischen Sprachraum findet man dazu meist den Begriff ICM – Intentional Camera Movement, also die „absichtliche Kamerabewegung“. Zu den führenden Vertretern dieser Kunstrichtung gehören Ernst Haas, Douglas Barkey und Alexey Titarenko.
Bitte die Gestische Fotografie nicht mit dem „Motion Blur Effect“ verwechseln, den wir aus den Grafikprogrammen und der nachträglichen Bildbearbeitung kennen. Der Ansatz vieler Fotografen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, basiert darauf, dass das Motiv, oder Teile des Motivs, als solche erkennbar bleiben. Darum gehört das Stativ auch bei vielen Gestischen Fotos zur Grundausrüstung.
Für mich persönlich ist die Gestische Fotografie kein wirklich eigenständiger Bereich, sondern eine Untermenge der Experimentellen Fotografie und damit ein Teil der Künstlerischen Fotografie.
Bei meinen „Gestischen Fotos“ verlaufen Farben und Formen bis zur Unkenntlichkeit des Ursprungsobjektes. Letztlich aufgrund des Zusammenspiels von Blende, Licht und Verschlusszeit und der absichtlichen Bewegung der Kamera. Die Farbverstärkung (soweit nötig) mit Bildbearbeitungsprogrammen am Computer schließt die Arbeit ab. Wobei ich mich in der Regel auf Helligkeit, Kontrast und Klarheit beschränke.
Die beim Fotografieren ausgeführten Bewegungen sind metaphorische Gesten zur Darstellung von abstrakten Begriffen oder den Gesten in Form von „Beats“ – also der an die Sprache gebundenen rhythmischen Bewegung der Hände. Eventuell auch vergleichbar mit Taktstock-Gesten wie der Dirigent sie nutzt.
Man kann es auch schlichter sagen: Die Kamera wurde dreidimensional geschwenkt, gedreht und geschoben. Ein Zoomen mit dem Objektiv während der Belichtungszeit gehört allerdings nicht dazu. Die Bilder sind – da in der Regel nicht reproduzierbar – einzigartige Unikate. Hier ein paar Beispiele: