Wer von Essen-Kettwig mit dem Fahrrad über die Trasse der stillgelegten Niederbergbahn nach Oberdüssel (Stadt Wülfrath) fährt, kommt auch durch Heiligenhaus. Hier kann man / frau die erste Waggonbrücke Deutschlands bestaunen.
Die alte Eisenbahnbrücke über die Bahnhofstraße wurde - nach der Stilllegung der eigentlichen Gleisstrecke - aufgrund einer zu geringen Bauhöhe für den darunter herfahrenden LKW-Verkehr in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts abgerissen. Geblieben waren nur die beiden Widerlager rechts und links der Straße. Durch ein Förderprogramm des Landes wurde die alte Eisenbahnstrecke als "PanoramaRadweg Niederbergbahn" erst in Teilbereichen und ab 2011 kpl. freigegeben.
Ein findiger Kopf (Dipl. Ing. Ulrich Diehl von der Fa. Ahlenberg Ingenieure / Herdecke) hatte eine zündende Idee. Warum sollte nicht ein alter Eisenbahnwaggon als Brücke über die Bahnhofstraße dienen.
Die erste "Waggonbrücke" Deutschlands besteht aus einem Eisenbahnwagen der Baureihe Rgs-w und hat die Nummer 356 0 254-5. Der Waggon dient hierbei als Überbau und steht mit seinen Radsätzen auf Gleisrosten, die wiederum in die alten Widerlager einbetoniert wurden.
Rgs-Wagen waren die bevorzugten Fahrzeuge der ISO-Container-Beförderung in der DDR, dienten aber auch in den 1990er-Jahren der DB als Holztranportfahrzeuge. Nach meinem Wissen wurde der hier in Heiligenhaus eingesetzte Waggon ursprünglich bei der Firma UV Arad in Rumänien gebaut.
Während der Waggon (Länge über Puffer: 19.900 mm) früher Lasten bis zu 58 t tragen konnte und für Geschwingkeiten bis 120 km/h konzipert war, symbolisiert er heute sehr schön als "Waggonbrücke" die alte Bahntrasse und ist ein hervorragendes Beispiel für optimales Recycling.
Übrigens: Ca. 170 m von der Brücke entfernt bietet das "Kult-Kaffee" - eine private Kaffeerösterei für Spezialitäten-Kaffee - die Möglichkeit zur Einkehr. Man darf im Inneren zwar nicht fotografieren, dafür aber interessante Kaffee-Produkte und leckerem Kuchen verkosten.
